Local Search-Serie: Lokale Suche mit Freckert & Co.

Mit Freckert.de und der Regio-Suche des Bonner General-Anzeigers bieten zwei Verlage jetzt die lokale Suche im Web an.

Im letzten Teil meiner Serie zu Local Search hatte ich bereits darauf hingewiesen, dass vorhandene Angebote wie z.B. Branchenbücher den weitaus überwiegenden Teil der lokalen Suchen abdecken (können).

Umso gespannter war ich auf die oben angesprochenen Angebote. Musste dann allerdings feststellen, dass es gute Gründe dafür gibt, von „Lokaler Suche“ statt „Lokalem Finden“ zu sprechen.

Seit etwas über einem Monat ist die Saarbrücker Zeitung mit Freckert.de live. In Kooperation mit dem Suchmaschinenbetreiber und Anbieter von kontextueller Werbung MIVA verspricht Freckert neben der obligatorischen web-weiten Suche regional eingegrenzte Suchergebnisse zu bestimmten Themengebieten.

Hatte ich mich noch gefragt, nach was für Themengebieten User lokal noch suchen könnten, wenn durch Veranstaltungskalender, Rubrikenmärkte etc. vieles abgedeckt ist, so bietet Freckert den Nutzern hier smart Unterstützung an. Mittels Kategorien wie z.B. „Saar-Behörden“ oder „Forschung“ können die User den Suchkreis einschränken.

Allerdings nehmen die User dieses Tool anscheinend kaum an. Ein Blick auf die Live-Suche, mit der man sich die aktuell gesuchten Begriffe und Kategorien ansehen kann zeigt, dass fast nur die Web-Suche und der Branchenführer bzw. Top 100-Unternehmen verwendet werden.

Niedriges Niveau auf Freckert.de

Und diese Nutzung findet auf sehr niedrigem Niveau statt. Damit sind weniger die in der Live-Suche ersichtlichen Suchbegriffe gemeint (z.B. „strassenstrich saar“ oder „Bilder von nackten Bodybuilding Frauen“), sondern die Zahl der Suchanfragen und die Qualität der Suchergebnisse.

Letztere ist schlicht und ergreifend nicht wettbewerbsfähig. Einige Beispiele:
- Suche nach „Friseur Saarbrücken“ mit Kategorie „Branchenführer“ führt zu keinem Ergebnis
- Die Suche nach „Lafontaine“ mit „Medien im Saarland“ ergibt als ersten Treffer eine Seite aus der Zeit, in der Lafontaine noch SPD-Mitglied war. Auch die folgenden Treffer sind von ähnlicher Qualität. Zudem kommen offensichtlich keine Treffer von der Saarbrücker Zeitung oder anderen Publikationen des Verlags. Und das obwohl gerade am Vortag meiner Recherche die Zeitung 20 Cent einen Artikel über Lafontaine veröffentlicht hatte.
- „Universität Saarland“ mit Kategorie „Forschung“ führt zu allen möglichen Universitätsseiten, aber nicht zur Homepage der Universität. Eine Aufgabe, die die nicht-lokalen Suchmaschinen Yahoo! und Google locker meistern.

Und das hier sind nur einige wenige der nicht wettbewerbsfähigen Suchergebnisse.

Als Websuche ist Freckert untauglich. Die Kategorie „Branchenführer“ unterliegt Branchenverzeichnissen um Längen und die anderen Kategorien werden offensichtlich kaum akzeptiert.


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Die User verhalten sich dementsprechend: die Nutzung bewegt sich einen Monat nach dem Start nur wenige Millimeter über NN. Nur einige hundert Anfragen pro Tag von noch mal weit weniger Nutzern.

Anzeigenqualität nicht hoch

Dass die Technologie und der Marktanteil von MIVA nicht mit Google, Yahoo! und bald wohl auch Microsoft mithalten kann, zeigen auch die Anzeigen.

Zum Keyword „private Krankenversicherung“ werden dem User an den ersten beiden Anzeigenpositionen „Tipps“ zu Sexseiten offeriert („Total versaute Privatferkel“) und nur eine relevante Anzeige. Etwas besser scheint die Situation zwar bei anderen beliebten Keywords wie z.B. „last minute“ oder „Kontaktlinsen“ zu sein, aber schon bei etwas weniger oft vorkommenden Suchanfragen muss MIVA passen.

Besser, aber nicht gut: Die Regio-Suche der Bonner

Etwas andere Wege geht der Bonner General-Anzeiger. Hier wird in Kooperation mit Seekport seit einigen Monaten eine einheitliche Suchmaske angeboten, die je nach Einstellung auf der GA-Site, auf regionalen Websites oder im gesamten Web sucht.

Die Suchergebnisse sind besser als auf Freckert, aber auch nicht berauschend.
- Die Suche nach „Lafontaine“ ergibt Treffer mit Berichten zum Messerattentat auf ihn und die Übernahme des SPD-Parteivorsitzes – Artikel aus dem Jahr 1999! Hier wurde offensichtlich nach Relevanz sortiert. Das ist für Archivanfragen angemessen, aber nicht für die Standardsuche auf Nachrichtensites. Eine einfache Analyse interner Searchlogs zeigt auf, dass User beim einfachen Suchen auf Nachrichtensites nach aktuellen Berichten fahnden.
- Die Suche nach der Homepage der Universität führt tatsächlich zur Homepage. Allerdings nur bei Eingabe von „Universität Bonn“ und nicht bei „Universität“, obwohl es meines Wissens in der Region nur eine Universität gibt.
- Die Suche nach „Friseur Bonn“ ergibt tatsächlich einige relevante Treffer. Dennoch kann die Suchergebnisliste natürlich nicht annähernd mit den reinen Branchenverzeichnissen oder den Mischkonzepten wie z.B. bei Google Maps konkurrieren.

Die rechts angezeigten Anzeigen scheinen relevanter und zahlreicher zu sein, als die von MIVA gelieferten.

Auch nach diesem kleinen Test der beiden Angebote bleibt die Frage bestehen, wozu solche Suchen auf den unstrukturierten Websites der Region sinnvoll sein können.

Die User werden darauf die Antwort geben und selber herausfinden, wozu sie solche Tools nutzen können. Deshalb gehören solche regionale Such-Sites meiner Meinung nach zu einer Local Search-Strategie.

Dennoch halte ich es für wichtiger und profitabler, sich um die oft eher vernachlässigten Branchenverzeichnisse, Veranstaltungskalender, Archive und sonstige Daten zu kümmern. Zu viele dieser Datenbestände befinden sich entweder in einem unzureichenden Zustand, werden dem Nutzer nicht attraktiv und prominent präsentiert und/oder werden nicht adäquat vermarktet.


Frühere Beiträge in der Local Search-Serie:
- Das Archiv als Teil der lokalen Suche
- Noch eine Randnotiz zu Local Search: Qype googled
- Local Search-Serie: Sind die Inhalte attraktiv genug?
- Randnotiz zur Local Search: Google Co-op kommt
- Auftakt zur Local Search-Serie

Kommentare

Da erlaube ich mir mal ein manuelles trackback auf meinen Blog "Lokal gesucht: Neue Sau für's Geschäft". Quintessenz: Über den Erfolg von LocalSearch entscheidet das Produkt, nicht die Vermarktungsanstrengung. Nur wenn die Verlage es schaffen, ihren exklusiven content intelligent in das Suchergebnis einzubinden werden sie beim user die notwendige Akzeptanz finden.

06.12.06 11:53

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