Site-Check Animierte Elemente: Wie stark nerven Nachrichtensites?

Letzte Woche wurde ich eingeladen, mir im Rahmen eines Previews die neue Site eines deutschen Regionalzeitungsverlags anzuschauen und zu bewerten.

Da ich solch ein Vorgehen für sehr gut halte, habe ich mich gerne daran beteiligt, konnte mir aber einige Kritik nicht verkneifen.

Ein Aspekt ist mir dort negativ aufgefallen: die neue Site und vor allem ihre Vorgängerin buhlen mittels blinkender oder sich bewegender Elemente um Aufmerksamkeit. Innerhalb weniger Sekunden muss man den Blick abwenden.

Aus diesem Grund habe ich mir mal wahllos die Homepages von zehn Regionalzeitungen angeschaut und diese mit denen von zehn größeren Sites verglichen. Wohlgemerkt ohne Popup- und Ad-Blocker!

Auf den Sites der Regionalzeitungen fanden sich im Schnitt rund 3,5 animierte Elemente und/oder Pop-ups und Pop-unders.*

Während die meisten dieser Elemente – wie vorhersehbar – Werbung waren, fiel der relativ hohe Anteil von Verlagsangeboten auf, die nervtötend beworben wurden. Im Schnitt hatte fast jede Site ein solches Element.

Die „Spitzenreiter“ unter den Regionalzeitungen hatten acht bzw. sechs animierte Elemente auf ihrer Startseite.

Ganz anders die Situation auf den Homepages größerer Sites wie z.B. Spiegel Online oder Welt.de.

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Im Schnitt störten nur rund 1,8 Elemente den Leser beim Nutzen der Site.

Das Handelsblatt und – erstaunlicherweise – auch der Guardian erlauben sich, redaktionelle Inhalte oder Verlagshinweise mittels animierter Elemente darzustellen.

Alle anderen Sites beschränkten sich auf ein oder zwei animierte Werbebanner. Die New York Times war als einzige „blink-frei“, wenngleich dort an manchen Tagen ein winziges Banner etwas blinkt. Keine der großen Sites verwendete Pop-ups, Pop-unders oder Layer.

Könnte es ein Grund unter mehreren sein, dass nervenschonende Sites erfolgreicher sind als solche, die ihre Nutzer malträtieren? Sollte man ein Produkt, das sich letztendlich noch in der Einführungsphase befindet (und das sind praktisch alle deutschen Nachrichtensites) jetzt schon mit Werbung überfrachten? Oder könnte es mehr Sinn machen, erst mittels eines herausragenden Produkts ausreichend Reichweite zu generieren und diese dann später zu monetarisieren?

Meiner Erfahrung nach bewegen sich die Erlöse regionaler Nachrichtensites aus der Bannerwerbung in homöopathischen Größenordnungen. Man würde folglich kaum etwas verlieren.

Aber in erster Linie würde man weniger Gefahr laufen, den Start in eine Zukunft versemmeln, in der Online-Nachrichten immer mehr Gewicht haben werden und bereits jetzt regionale Nachrichtensites Leser an die großen überregionalen Sites verlieren.

Nur ein Denkanstoß…

Ps: Die TZ in München hatte nur ein einziges animiertes Element – es geht also auch (fast) ohne.


* Analysiert wurde nur die Homepage „oberhalb des Bruchs“ bei einer Bildschirmauflösung von 1440x900

Kommentare

Da wir als Regionalzeitung (Lübecker Nachrichten) über die OMS vermarktet werden, entzieht sich die Bewerbung weitgehend unserer Kontrolle. Man hofft ja immer noch, daß die Agenturen mal merken, daß sie mit schlechter Werbung wenig und mit guter Werbung (Discounter Plus ist hier sehr innovativ) viel erreichen.

Ganz unfein: layer werden teilweise auf Positionen ausgeliefert, die anderen Werbemitteln wie Superbanner oder Skyscraper vorbehalten sind. Auch gegen nervende Audio-Werbung können wir nichts anderes tun, als uns zu beschweren.

ABER: Die Zeiten, in denen sich die Einnahmen aus Bannerwerbung "in homöopathischen Größenordnungen" (ich nehme mal an, damit sind geringe Mengen gemeint) bewegen sind vorbei - mittlerweile kommt über diesen Weg doch einiges rein.

17.10.06 14:58

Klar, als Online-Redakteur kann man da auf ganz schön verlorenem Posten stehen. Der Verlag will sein neues Abo-Angebot auffällig beworben haben, der Anzeigenverkauf bringt blinkende Banner vom lokalen Kunden mit und dann kommt noch die OMS mit den ganz großen "Leservertreibern".

Aber dem User ist's egal. Der wendet sich ab. Da hilft wohl nur viel Überzeugungsarbeit bei den lieben Kollegen.

17.10.06 15:10

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