Lokale Nachrichten auf Spiegel Online – die Fortsetzung

Es ist nur eine klitzekleine Meldung, die vom Branchendienst text intern über den ABZV-Newsletter und onlinejournalismus.de den Weg zu mir fand. Und keine sonderlich überraschende zudem.

Und dennoch dürfte sie der Beginn einer Entwicklung sein, die Geschäftsführern regionaler und lokaler Zeitungsverlage noch unruhige Nächte bereiten wird.

Spiegel Online eruiere die Möglichkeit, in den Markt mit lokalen Nachrichten und folglich lokaler Werbung einzusteigen, heißt es.

Dieses wäre der Einstieg in eine potenziell gravierende Neuordnung bestehender Nachrichtenreviere. Internationale Entwicklungen zeigen schon besser auf, wohin die Reise geht.

Bereits vor einem Jahr hatte ich unter der Überschrift „Lokale Nachrichten auf Spiegel Online“ über das theoretische Fundament einer Ausbreitung nationaler Nachrichtenmarken in regionale und lokale Märkte geschrieben.

In Zeiten wie diesen, in denen sich die Wachstumsraten für große Portale wie eben Spiegel Online abschwächen und gleichzeitig der regionale Nachrichtenmarkt trotz des derzeitigen Relaunch-Tsunamis regionaler Nachrichtensites immer noch kaum erschlossen ist, erscheint die Bewegung in die Region bzw. das Lokale nur folgerichtig.

Internationale Sites machen es vor. So hat im Juni der Daily Telegraph angekündigt, verstärkt in die regionale Berichterstattung einzusteigen.

CNN vertieft seine Kooperation mit InternetBroadcasting, die mehrere Dutzend regionale Nachrichtensites betreuen und deren Inhalte bereits auf CNN.com verfügbar sind.

In Deutschland hat man dem Spiegel-Verlag Interesse an dem zum Verkauf stehenden Portal hamburg.de nachgesagt. Aber ansonsten passiert hierzulande noch(!) nicht viel.

Die regionalen Seiten auf süddeutsche.de oder Welt Online scheinen bislang eher stiefmütterlich behandelt zu werden.

Mehr Risiken als Chancen?

Strategisch bietet eine solche Entwicklung sowohl Chancen als auch Risiken für regionale Nachrichtensites.

Der Aufbau eines ausreichend großen Angebots lokaler Nachrichten dürfte großen Portalen selbst dann schwer fallen, wenn sie sich auf die großen Zentren konzentrieren.

In immer mehr solcher Städte und Regionen existieren jedoch kleine Nachrichtensites, die sich mühen, den Regionalzeitungen Konkurrenz zu machen. Bewegung würde ins Spiel kommen, wenn es zum Zusammenschluss von oben und unten, dem großen Portalen und den kleinen Start-ups käme.

In einer solchen Situation wären regionale Nachrichtensites eingeklammert. Der überregionale Online-Nachrichtenmarkt wurde bereits zu weiten Teilen verloren. Durch die Einbindung zumindest der wichtigsten lokalen Nachrichten auf den großen Portalen würden dann noch die Leser verloren gehen, die lokale Nachrichten nicht in aller Breite benötigen.

Und langfristig könnte durch Subventionierung und Know-How-Transfer vom großen Bruder die Online-Berichterstattung des lokalen Partners spürbar ausgebaut werden.

Für kleinere regionale Verlage, die mit größeren regionalen Wettbewerbern zu kämpfen haben, bietet sich hierdurch jedoch die Möglichkeit, zumindest im Online-Markt Boden gegenüber der Konkurrenz gut zu machen.

Welche Optionen haben aber die größeren, oft monopolistischen Regionalzeitungen?

Die erste und prinzipiell anzuwendende Strategie liegt selbstredend in der Erstellung einer wettbewerbsfähigen regionalen Nachrichtensite. Schreibt sich leicht, ist aber äußerst schwer umzusetzen. Hier besteht noch viel Potenzial.

Wie in den Rubrikenmärkten?

Noch schwieriger ist der Schritt, durch Marktkonsolidierung bzw. Kooperationen die großen Portale in ihrem eigenen Markt, also dem der überregionalen Nachrichten anzugreifen. Folglich eine Strategie ähnlich der in den Rubrikenmärkten.

Die letzte Option ist die der Schadensbegrenzung durch möglichst optimal ausgeformte Kooperationen mit einem oder mehreren großen Portalen – auch ähnlich der in den Rubrikenmärkten.

Die meisten Verlage sind derzeit noch damit beschäftigt, ein überhaupt wettbewerbsfähiges regionales Nachrichtenportal auf die Beine zu stellen. Dennoch dürfen diese mittel- bis langfristigen Entwicklungen nicht übersehen werden.

Denn sonst kommt es auch im redaktionellen Bereich zu einer Entwicklung ähnlich der in den Rubrikenmärkten. Spiegel Online als ImmoScout24 der Online-Nachrichten.

UPDATE am 16. Juli 2007: Jetzt steigt auch die WashingtonPost ins Lokale, ja "Hyper-Lokale" Geschäft ein: LoudounExtra.com

Kommentare

Lokale Nachrichten auf WELT Online? Dafür gibt es doch die diversen Lokalblätter ... allen voran die Berliner Morgenpost.

09.07.07 01:18

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